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Einsatzbereiches des neuen klinischen Audiometers AT2000

AURITEC setzt mit dem AT2000 neue Maßstäbe in der klinischen Audiometrie. In diesem Blog erklärt AURITEC Chef Jan Mody, worauf Sie sich freuen können.

In den folgenden Blogeinträgen berichte ich regelmäßig, z.B. welche wissenschaftlichen Hintergründe diese Entwicklung hatte, um dann auszuführen, welche Situationen uns von unseren Kunden geschildert worden sind, denen sie ausgesetzt sind und sich dafür von uns Lösungsmöglichkeiten versprachen.

In weiteren Folgen möchte ich auf mögliche Aufbauten eingehen, die Sie mit dem Audiometer AT2000 realisieren können, und die Ihnen in der klinischen Routine helfen könnten. Welche gängigen Sprachverfahren für eine mehrkanalige Anwendung schon jetzt zur Verfügung stehen, zeige ich auf und gehe dann noch gesondert auf das Zusammenspiel von direktem Implantat-Anschluss und Mehrkanaligkeit ein.
Mein Anspruch in diesen Beiträgen ist es, Ihnen diese neuen Wege aufzuzeigen und Sie zum Nachdenken anzuregen, was damit in Ihrem Beruf gemacht werden kann. Denn diese Möglichkeiten gab es bisher nicht, und ich bin davon überzeugt, dass wir zusammen viele neue Einsatzmöglichkeiten finden werden.

Inhaltsverzeichnis

  1. Folge 1

Die Hintergründe –
Welche Messungen sind erforderlich für eine
optimale Cochlea-Implantat Versorgung? 

In der S2k Leitlinie zur Cochlea-Implantat Versorgung der Deutschen Gesellschaft für HNO steht, dass die audiologische Nachsorge von CI-Systemen u.a. Sprachtests in Ruhe und im Störgeräusch zu definierten Kontrollzeitpunkten umfasst. Und bei Upgrades von CI-Prozessoren soll der Zugewinn mit dem neuen Prozessor dokumentiert werden, und der Zugewinn basiert auch „auf der verbesserten Hörleistung in Ruhe und im Störlärm vor und nach der Umversorgung“.

Die DGA empfiehlt bei bilateraler Prüfung von CI-Systemen die Sprachaudiometrie im Störlärm mit geeigneter Lautsprecheranordnung als notwendige Maßnahme im Rahmen der Basistherapie. Und da diese beiden Forderungen auf Entwicklungen bei den Prozessoren treffen, die darauf abzielen, „guten“ und „schlechten“ Schall zu identifizieren, wird deutlich, dass es schwierig ist dem Kostenträger einen Zugewinn der Hörleistung mit den herkömmlichen Messmethoden nachzuweisen. Um diesen Nachweis zu erbringen, muss das Pendel von der klinischen Umgebung hin zu Alltagssituationen mit einer höheren ökologischen Validität schwingen. Die Patienten profitieren von einer alltagsnäheren Anpassung und den Kostenträgern kann der Benefit nachgewiesen werden, damit die Kosten erstattet werden.
Und wenn diese beiden Punkte eintreten, sind SIE zufrieden. Damit war unser Ziel klar.
 

  1. Folge 2

Herausforderungen und Lösungsmöglichkeiten –
Paradigmenwechsel bei der Messung des Sprachverstehens im Störschall?

Das Vorgehen unserer Kunden zur Nachweisführung der im SGB V geforderten besseren Teilhabe am Leben im Sinne des Gleichziehens mit einem hörgesunden Menschen ist sehr heterogen. Der überwiegende Teil macht Untersuchungen des Sprachverstehens in Ruhe mit dem Freiburger Zahlen- und Worttest bei verschiedenen Pegeln, jeweils S0; und OLSA-Messungen im Störschall mit S0N0, jeweils mit dem bisherigen Prozessor und später mit dem neuen (vor der Erstimplantation ähnelt sich dieser Teil des Prozesses).

Bei der Untersuchung des Sprachverstehens in Ruhe mit den Freiburger Worten befinden sich zunehmend mehr Patienten bereits im Sättigungsbereich des Tests, d.h. mit einem neuen Sprachprozessor ist hier kein Gewinn an Sprachverstehen nachweisbar.

Und auch im klinisch etablierten Messsetup zur Untersuchung des Gewinns an Sprachverstehen im Störschall zeigen sich mit neuen Technologien in aktuellen Sprachprozessor-Modellen oftmals keine Verbesserungen (mehr). Dies kann damit erklärt werden, dass neue Signalvorverarbeitungen insbesondere darauf abzielen, das Sprachverstehen in störschallbehafteten Situationen des Alltags zu verbessern, die eher durch räumlich getrennte Signal- und Störschallquellen charakterisiert sind. Zu diesen Programmen zählen z.B. „Natural“, „ANR“ und „TNR“ von MED-EL oder „ForwardFocus“ von Cochlear.
Die Lösung dazu ist unserer Meinung nach die Messung des Sprachverstehens im Störschall mit mehreren Lautsprechern, damit der Gewinn durch neue Signalvorverarbeitung in störschallbehafteten Situationen des Alltags besser abgebildet werden kann. Die Anzahl der Störschallquellen und die Art des Störgeräusches sind zu diskutieren, hängen aber mit Sicherheit auch von der Art der Störschallunterdrückung des Prozessors ab.

Bedeutet das aber wenigstens zum Teil einen Paradigmenwechsel? Muss S0N0 ergänzt werden durch mehrere zu den Prozessoren und deren unterschiedlichen Signalvorverarbeitungsbestandteile passenden Messaufbauten? Wenn diese Frage mit „ja“ beantwortet wird, bedarf es einer Audiometrieanlage, die schnell und flexibel zwischen diesen Messaufbauten wechselt. Denn diese Frage verlässt ja damit die Wissenschaft und kommt in der klinischen Routine an. Es bedarf einer Audiometrieanlage mit mehr als 2 Kanälen, etablierten Testverfahren, die auf mehr als 2 Kanäle beruhen und Wandlern, die flexibel genutzt werden können in Bezug auf Art (LL, KL, EH, FF) und Richtung (FF).

  1. Folge 3

Testverfahren –
Welche Vorteile bringt die Multikanalaudiometrie?

Mit dem AT2000 kann AURITEC Ihnen jetzt eine Audiometrieanlage anbieten, welche von der Hardware her in der Lage ist, mehr als 2 unterschiedliche Signale gleichzeitig (im Falle von FF auch aus unterschiedlichen Richtungen) abzuspielen. In der Software haben wir auch die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Sie flexibel auf die unterschiedlichen Signalvorverarbeitungsstrategien reagieren können, um den Gewinn an Sprachverstehen nachweisen zu können. Deshalb können Sie bei den Störgeräuschen auch auf so unterschiedliche Signale zurückgreifen wie „Schnellstraße“, „Party Noise“, „ISTS“ und andere. Damit sollten viele neue Signalvorverarbeitungen „gemessen“ werden können. (Abb. 1)

Aber auch, wenn Sie sich einen Test nicht selber zusammenstellen wollen – solch eine Messreihe ist natürlich speicherbar und jederzeit wieder verwendbar – hilft Ihnen die Mehrkanaligkeit des AT2000. Das Hörzentrum in Oldenburg hat den verbreiteten OLSA mit bis zu 4 Kanälen entwickelt, und das AT2000 ist das erste Audiometer, das diese Konfiguration von der Forschungsvariante in die klinische Routine holt. (Abb. 2)

Bei dem Test bleibt die Durchführung so, wie Sie es kennen, jedoch haben Sie in den Einstellungen nun die Möglichkeit, mehr Kanäle auszuwählen und bei den Störgeräuschen ist eine größere Auswahl möglich.

Bei beiden Testverfahren ist es also realisierbar, mit mehreren gleichzeitig abgespielten Störsignalen eine ökologisch validere Umgebung zu erschaffen. Ich gehe davon aus, dass damit eine verbesserte Hörleistung durch eine Versorgung oder eine Umversorgung besser nachgewiesen werden kann als zuvor. Die wissenschaftlichen Artikel, die ich dazu gelesen habe, sind:

  • Hey M, Mewes A, Hocke T. Speech comprehension in noise—considerations for ecologically valid assessment of communication skills ability with cochlear implants. German version. HNO. 2022; doi:10.1007/s00106-022-01234-1.
  • Baumann U, Weissgerber T, Stöver T. Speech perception in noise : Impact of directional microphones in users of combined electric-acoustic stimulation. 2019;
  • Kurz A, Rak K, Hagen R. Improved performance with automatic sound management 3 in the MED-EL SONNET 2 cochlear implant audio processor. PLoS One. 2022; doi:10.1371/journal.pone.0274446.
  1. Folge  4

Anordnung der Lautsprecher –
Welcher Aufbau für eine präzise Audiometrie?

In Deutschland hat sich für die Kinderaudiometrie seit Jahrzehnten als Aufbau der Mainzer Kindertisch durchgesetzt. Dies haben wir als Standard den meisten anderen Ländern voraus, in denen sich kein einzelner Aufbau durchgesetzt hat. Der Mainzer Kindertisch hat den Vorteil, dass der Abstand der Lautsprecher zum Patienten und der Abstand der einzelnen Lautsprecher um den Patienten herum meistens einheitlich ist, sprich, dass die Lautsprechermembran 1m Abstand zum Kopf des Patienten und die Lautsprecher im Abstand von 45° um den Patienten herum angeordnet sind mit einem Lautsprecher auf 0° direkt vor dem Patienten.

Dieser Aufbau hilft heute bei allen Patienten: Kindern und Erwachsenen. Wir brauchen also keine unterschiedlichen Aufbauten, sondern können alle Patienten zusammen an einem Aufbau testen (sofern der Tisch höhenverstellbar ist und damit die Lautsprecher mühelos auf Höhe der Ohren aller Patienten gefahren werden können).

AURITEC hat auch für die hintere Hemisphäre eine feste Halterung für 3 Lautsprecher (auf Rollen), so dass wir 8 Lautsprecher in 45° Winkeln liefern können. In neueren wissenschaftlichen Veröffentlichungen werden die Störsignale von hinten genau so aufgebaut (siehe Kurz. et al. 2022). 
 

  1. Folge 5

Sprachaudiometrie im Störschall bei SSD-Patienten –
Welche Vertäubungsmöglichkeiten für CI-Patienten?

Um einen Behandlungserfolg bei Implantat-Patienten zu evaluieren, wird der binaurale Gewinn an Verständlichkeit mit Implantat gemessen, und dieser ergibt sich aus der binauralen Summation, siehe vorheriger Newsletter. Dies gilt speziell bei AHL/SSD-Patienten. Es ist auch sinnvoll, die Sprachaudiometrie monaural mit CI durchzuführen, weil auch aus der Diskriminationsfunktion sich Informationen ergeben, die zur Optimierung der Einstellung der C- und T-Level genutzt werden können. So scheint es, dass die Einstellung der T-Level die Sprachverständlichkeitsschwelle in Ruhe und diejenige im Störschall sich wechselseitig beeinflussen und deshalb ausbalanciert werden müssen.

Bei der monauralen Messung der Sprachverständlichkeitsschwellen in Ruhe und im Störschall mit CI im Freifeld besteht im Fall einer asymmetrischen Hörstörung und insbesondere bei einer SSD jedoch die Gefahr des Überhörens. Deshalb muss vertäubt werden.

AURITEC bietet jetzt zwei Möglichkeiten, dieses Thema anzugehen: so wie Williges et al. gezeigt haben, ist die aktive Vertäubung mit einem zusätzlichen Geräusch der passiven Dämmung überlegen. Dies hat er mit unterschiedlichen Pegeln eines zweiten Audiometers durchgeführt. Mit dem AT2000 und dem AT-research ist dies jetzt mit einem einzigen Audiometer möglich, und der Nutzer kann sich sowohl den Wandler (LL, EinstH, FF), das Signal als auch den Pegel aussuchen. Aus dieser Freiburger Studie erscheint ersichtlich, dass beim OLSA im Störgeräusch ein Mithören des guten Ohres durch aktive Vertäubung mit Olnoise ab 60dB Vertäubungspegel ausreichend ausgeschlossen werden kann.

Neben dieser aktiven Vertäubung des Gegenohres gibt es einen noch direkteren Weg: Sie können die monaurale Sprachverständlichkeitsschwelle im Störschall mit Implantat durch eine direkte Funk- oder Kabelanbindung des Audiometers an den CI-Sprachprozessor messen. Die Herausforderung hierbei ist, dass für die verschiedenen Sprachprozessoren sichergestellt werden muss, dass sowohl Sprach-, als auch Störsignal mit dem korrekten Pegel präsentiert werden, was sehr ausführlicher Kalibrierungsmessungen bedarf. Diese hat AURITEC bisher für 2 Sprachprozessoren durchgeführt.
Sie können also mit dem AT2000 jetzt alle AHL/SSD-Patienten genauer messen, entweder mit der aktiven Vertäubung des Gegenohres oder direkt über den Prozessor.

Die wissenschaftlichen Artikel, die ich dazu gelesen habe, sind:

  • Mewes A, Hey M. Einfluss der T-Level auf das Sprachverstehen in Ruhe und im Störschall bei erwachsenen CI-Patienten. Conf Pap Zwanzigste DGA-Jahrestagung, Aalen. 2017;
  • Volpert S, Klenzner T, Jansen N, Blümel I, Schipper J. Sprachtest bei CI-Trägern ohne Hörkabine? Forsch heute – Zukunft morgen. 2018; doi:10.1055/s-0038-1640666.
  • Williges B. Evaluation der binauralen und monauralen Sprachverständlichkeit sowie des Lateralisations- und Lokalisationsvermögens von einseitig ertaubten Patienten mit einem Cochlea Implantat. 2012;
  • Dziemba OC, Oberhoffner T, Müller A. OLSA level control in monaural speech audiometry in background noise for the evaluation of the CI fitting result. HNO. 2023; doi:10.1007/s00106-022-01251-0.

Jan Mody

Jan Mody ist geschäftsführender Gesellschafter von AURITEC. Gemeinsam mit seinem Team arbeitet er seit 2007 an der stetigen Weiterentwicklung der Produkte des Hamburger Unternehmens. Die Einhaltung der seit 30 Jahren bestehenden Qualitätsstandards in der klinischen Audiometrie steht für ihn hierbei immer im Vordergrund.

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